Wir fahren südlich, mit dem Ziel in zwei Wochen die Gorge du
Dadés zu durchfahren.
Eine lange gerade Strasse führt uns bei nicht all zu schönem
Wetter und gegen den Wind aus der Stadt Fes, Richtung Imouzzer. Unterwegs essen
wir bei einer Tankstelle das teuerste Essen bis jetzt in Marokko, dass war
sogleich auch das letzte Tankstellenessen. Danach kommt die Steigung Richtung
Mittleren Atlas und wir sind froh, dass sich die Vorhersage eines
Rennvelofahrers in Fes, die Steigung sei 15% - 18%, nicht bewahrheitet.
Kurz bevor wir im Dorf einfahren ruft Conny Peter zu; Ich
habe einen Platten im Hinerrad!!! Es ist der erste seit unserer Abfahrt in
Bassersdorf. Der Flick sitzt und wir fahren in Imouzzer ein wo es auf dem
Dorfplatz nur so von Leuten wimmelt. Es wird schon langsam dunkel, und die
ungewohnte Kühle hilft bei der Entscheidung hier ein Hotelzimmer zu nehmen. Der
Wirt freut sich über unser Besuch, umsorgt uns mit allerlei Informationen was
man um sein Dorf herum alles sehen kann und erklärt uns auch, dass der
Menschenauflauf wegen des Schafmarktes sei, der heute stattgefunden hatte. Wir
gehen raus, essen ein halbes Schaf- äh Huhn mit Pommes, Reis, Linsen und jawohl
eureka, hier haben sie Mayonnaise für Peter. Er ist der glücklichste Mensch.
Später trinken wir noch einen Tee im Hotel und schlafen herrlich durch die
kalte Nacht. Es soll nicht die letzte gewesen sein…
Ifran wird die kleine Schweiz in Marokko genannt, da fahren
wir heute durch. Unterwegs treffen wir auf einen Rennradfahrer der uns zu sich
in Ifran zum übernachten einlädt. Da es aber noch früh ist und wir weiterfahren
wollen, schlagen wir dieses Angebot ab. Im Moment wo wir uns verabschieden und
er weiterfährt, bereuen wir nein gesagt zu haben. Wir fragen uns warum wir das
Angebot nicht angenommen haben. Wird sicher seinen Sinn haben, wir werden es
aber nie erfahren.
Kurz vor Ifran ruft uns ein Mädchen zu sich. Sie ist mit
ihrer Mutter die Decken im Bach am waschen. Conny wird auch gleich in die
Frauenarbeit miteinbezogen und hilfsbereit wie sie ist, stampft sie die Decken
im Seifenwasser sauber.
In Ifran, wo auch der König ein Domizil hat, werden wir von
breiten sauberen Strassen mit schönen Strassenlaternen und europäisch geprägten
Häusern empfangen. Wir finden daran nichts typisch schweizerisches aber
definitiv nicht marokkanisch. Im Laden finden wir zu Peters Freude
Erdnussbutter, fahren dann aber weiter um ausserhalb in einem Zederwald Mittagspause
zu machen. Das Wetter ist wieder sonnig aber etwas kühler weil wir auf 1800 MüM
fahren. Plötzlich fahren wir am Haus des Skiclubs von Ifran vorbei, und einige
Km weiter erspähen wir tatsächlich eine Piste. Jawohl eine Skipiste, riesig!
Wir stellen uns vor wie hier die marokkanische Elite für den Weltcup trainiert.
Recht amüsant.
Etwas weiter stellen wir das Zelt auf einer Ebene auf. Es
dauert nicht lange und zwei Hirten kommen auf ihren Eseln daher um zu schauen
was wir da tun. Der eine fragt ob das Zelt auch dicht sei wenn es regne, Peter
versichert ihm dass das so sei und bläst die Luftmatratzen auf. Er ist
begeistert und hat einen riesigen Smile auf dem Gesicht. Der andere will Conny
beim Feuermachen im Hobokocher helfen, er will aber viel zu viel Holz rein tun,
da zündet Conny das Feuer und stellt die Wasserpfanne drauf. Kopf nickend wird
gestaunt und zufrieden informiert zu sein, verabschieden sich die beiden denn
die Schafe ziehen ohne sie heimwärts. Wir trinken Chai-Tee und essen unser Brot
mit La Vache qui rie, Nutella und dem neu erworbenen Erdnussbutter und kuscheln
uns in die warmen Schlafsäcke. Es ist 19h, schon dunkel und noch 14°C warm/kalt.
Wir lassen die Zederwälder hinter uns und fahren durch eine
total kahle, Mondlandschaft ähnliche Ebenen. Zum Znüni einen Apfel und
Biskuits. Im nächsten Dorf kaufen wir Gemüse, Brot, Erdnüsse und werden von
allen Seiten neugierig angeschaut. Die Kinder bestaunen unsere Velos, wollen
ein Bonbon, einen Stylo oder irgendwas was sie auf dem Velo sehen. Etwas weiter
essen wir Mittag und fahren am Nachmittag stetig steigend in den mittleren
Atlas. Auf der Strasse werden wir teilweise von unglaublich vollbeladenen
Fahrzeugen überholt, mit Möbeln, Stroh, Gasflaschen, Gepäck und Leuten,
Hauptsache möglichst voll.
Obwohl wir uns Mittlerweilen auf 2100 MüM befinden, fühlt es
sich nicht an als währen wir in den Bergen. Es ist etwas kühler und immer noch
karg, die Berge sind aber eher Hügel. Bäume hat es wenig, viel wurde geholzt,
vereinzelte Baumstrünke sind stille Zeugen einer viel grüneren Zeit. Die
Schafherden werden farblich eins mit dem Boden und sind nur auszumachen, wenn
sie sich bewegen.
In einer langen Abfahrt lassen wir die Erhöhungen des
Mittleren Atlas hinter uns und erreichen die Ebene zwischen den beiden
Gebirgsketten. Es windet sehr stark und leider entgegen unserer Fahrtrichtung.
Im Windschatten einer Mauer essen wir Mittag, ruhen uns aus. Da kommt ein
Traktor um die Ecke und der Bauer darauf wollte kurz nachsehen kommen ob bei
uns alles in Ordnung sei. Ein kleiner Schwatz und eine Einladung zu sich nach
Hause. Auch dieser Marokkaner, obwohl kaum Französisch Kenntnis, sehr
Gastfreundlich. Er warnt uns noch vor dem Regen der kommen soll und dann fahren
wir weiter, gegen den Wind. Auf einen windigen Tag folgt eine windige Nacht im
Zelt etwas abseits der Strasse.
Der Morgen beginnt noch freundlich. In Boumia kaufen wir die
nötigen Lebensmittel ein und nach Boumia fängt die Scheisse an. Es beginnt zu
regnen, ja dagegen kann man sich ja noch schützen. Wir haben gute Regenkleider,
aber die Temperatur fällt nah dis nah auf 5°C. Vor allem Hände und Füssen,
letztere noch immer in den Sandalen, werden langsam taub. Dies halten wir noch
knapp zwei Stunden durch und halten dann, Schutz suchend bei einem Bauernhof an.
Fatima und Achmed winken uns in die Scheune um die Räder hinzustellen, lassen
uns umziehen und rufen uns dann zum Tee. Eingehüllt in Decken, auf Schaffellen
sitzend und mit heissem Tee in den Händen, sind wir wieder die Glücklichsten
Menschen auf Erden. Auch im Raum sitzt die + / - 60 Jahre alte Fatma, auf ihren
Händen und im Gesicht ist sie mit Tätowierungen verziert. Sie erzählt und
berichtet, doch wir verstehen natürlich kein Wort davon. Dann werden wir ins
Sofa-Zimmer gebeten, Essen ist aufgedeckt. Kurz zur Erklärung, das Sofa-Zimmer
ist der grösste Raum im Haus, mit rundherum Sofa und in der Mitte einige
Tische, ein Bild von Mekka und eines des Königs. Es gibt Brot, Konfitüre,
Butter, Spiegeleier, Olivenöl und Tee. Wir steuern noch zwei Pack von unseren
Biskuits bei. Sehr zu Freuden der beiden Kindern Latifa 2 Jh und Sawa 4 Jh. Nun
sitzen wir alle beieinander, mit Händen und Füssen erklären wir unsere Namen,
von wo wir kommen und das wir verheiratet sind und 2 Kinder haben. Da kommt uns
das Foto das Peter in seinem Portmonnaie hat, von den Kindern von eines
Freundes aus Holland, grad recht. Wenn man hier 40 Jahre alt ist und noch
keinen Kinder hat, ist man eine arme Sau!
Als alle Bäuche gefüllt sind, geht’s zurück zur
Tagesordnung. Achmed muss die Lämmer Füttern, Fatima lässt das Kalb zu ihrer
einzigen Kuh und melkt grad noch 1Lt Milch für Eigengebrauch. Das Haus, aus Erde,
Stroh und Holz gebaut bietet Schutz für Mensch und Tier. Fatima und ihr Mann
haben gut 70 Schafe und Geissen die am morgen vom Hirten fürs Grasen auf dem
Land abgeholt werden und am Abend zurück gebracht werden. Hühner, Truthähne
Hunde und Katzen. Sie haben Elektrizität, das Wasser kommt aber vom Regentank
neben dem Haus. In der Küche steht eine Gasplatte mit 3 Rechauds, ein Ablage
mit Keramischen Platten belegt und ein kleiner Waschtrog. Am Boden hat es auch
einen Wasserablauf, denn gewaschen wird im grossen Plastikbecken am Boden. Dann
hat es noch einen Schrank fürs Geschirr. Neben der Küche ist der
Aufenthaltsraum, mit Schafffellen und Kissen am Boden und Fernseher. Es ist
angenehm warm, durch die Kocherei nebenan, hier wird gewohnt, gegessen und geschlafen.
Während Fatima und Achmed ihren Arbeiten nachgehen, zeichnen und spielen wir
mit Sawa. Dann wird ein Huhn fürs Nachtessen gerupft, Conny hilft beim Gemüse
schälen, der Fernseher geht an und während wir vorzüglich mit Händen aus einem
Teller dinieren, unterhalten wir uns, natürlich mit Händen und Füssen. Es ist
total relaxt und immer wieder sehr lustig, ein super Erlebnis. Gegen 23h ist es
Zeit zum schlafen, während Conny Fatima versucht zu erklären, dass wir
Schlafsäcke haben und sie sich keine Mühe machen soll, sucht diese 2 Matratzen
und Wolldecken zusammen und meint es sei kalt in der Nacht. So muss sie unseren
Schlafsack ausprobieren, was wieder zu lustigen Szenen führt. Nicht ganz
überzogen, lässt sie die Decken bei uns und wir schlafen herrlich durch die
Nacht.
Am Morgen ist der Himmel noch immer dunkel, aber es regnet
nicht mehr. Wir frühstücken und verabschieden uns dann herzlich und Dankbar für
die tolle Gastfreundschaft.
Nach 1.5 Tagen auf dem Plateau, schlängelt sich die Strasse
nun wieder in die Hügel. Ab und zu erspähen wir die Schneebedecken Bergspitzen
durch die Wolken. Am Nachmittag erreichen wir ohne grosse Mühe und zum glück
ohne Regen den Ort Tounfite.
Lust auf Tee? Klar doch, im Cafe beim gut englisch
sprechenden Lamal wärmen wir uns die Hände und beobachten das Geschehen auf dem
Platz. Als wir mit der Absicht weiter zu fahren aufsteigen, kommt Mohamed und
ändert unsere Pläne. Er ist Lehrer im Dorf und meint wir sollen die Nacht bei
ihm bleiben, denn die Strassen und das Wetter seien noch zu ungünstig. Gesagt
getan, wir gesellen uns zurück in Kaffe und schauen mit Mohamed und seinen
Freunden den Fussballmatch. Danach führt er uns zu sich nach hause. Seine Frau Rabia
tischt Gemüsetajin auf, wir erzählen unsere Geschichte, hören ihrer zu und da
es Samstag ist, wird am Nachmittag Fussball gespielt. Peter möchte gerne
mitspielen und bekommt von Mohamed ein paar Schuhe und den Übernamen Peter
Schmeigel, wegen der blonden Haaren. Mit dem Auto durchs Dorf werden die
Spieler zusammen gepflückt. Ein grosser Rasen zwischen den beiden Dorfteilen
ist die Bühne für die sportliche Freizeit. Sie sind stolz auf ihren Naturrasen.
Marokkanisches Fussball braucht Nerven, nach 10 min spielen hat Peter
herausgefunden wo die Grenze des Spielfeldes ist und nach weiteren 10 min wer
zu seinem Team gehört.
Conny schaut dem Treiben amüsiert zu und friert sich dabei
den Arsch ab. Eine Traube Jungen haben sich um sie herum versammelt und stellen
allerlei Fragen. Natürlich will jeder Mal mit dieser komischen Frau in Hosen
und mit kurzen Haaren reden. Gut zwei Stunden wird gespielt, das Team von Peter
gewinnt mit 6 zu 2. Jetzt tun ihm die anderen Muskeln weh, die die beim
Velofahren nicht gebaucht werden. Zurück zu hause wird die Dusche eingefeuert
und wir dürfen herrlich heiss duschen, was für einen Genuss bei der Kälte
draussen. Dann kommt Mohamed’s Schwester rüber – sie wohnt gleich nebenan – und
es gibt Tee. Sie ist eine von wenigen Frauen die französisch spricht. Zusammen
mit Ihr geht Conny zur Gendarmerie um uns einschreiben zu lassen. Die Männer
verschwinden ins Kaffee um zur Abwechslung Fussball zu schauen, Barcelona gegen
Celsea, auch ein torreicher Match. Dazu wird viel Milchkaffee getrunken und
geraucht. Zwischenzeitlich ist Conny zurück bei den Frauen im Haus. Sie haben
Henna gemacht und jetzt werden die Hände verziert. Es ist schon spät als die Männer
zurückkommen, Rabia bringt eine riesige Schale Couscous mit Poulet und Gemüse
zum Sofazimmer welche von acht Händen fast lehr gegessen wird. Danach fallen
wir müde ins Bett. Am morgen lacht uns die Sonne ins Gesicht, wir freuen uns
sehr auf diese Wetterbesserung. Conny wird zum Abschied mit einem Kaftan
beschenkt und bei Rabia fliessen Abschiedstränen. Wir tauschen Adressen und
versichern beim nächsten Marokkobesuch vorbei zu kommen.
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