Das schlechte Wetter, dass uns nun seid drei Tagen aufhält,
ist vorbei. Die Sonne lacht uns ins Gesicht und läst die schneebedeckten Berge
kitschig glitzern, als wir aus Tounfite herausfahren. Freudig trampen wir durch
die Hügelige Landschaft und fahren dann, dem Fluss entlang durch eine Schlucht.
Das Wasser der letzten Tage hat seine Spuren hinterlassen, hier und da einen
Erdrutsch, mal ein bisschen, mal mehr Wasser auf der Strasse. Obwohl welche
Strasse?
Aller Anstrengung zum Trotz, die Landschaft ist Grossartig
wir geniessen es. In den kleineren Dörfer werden die Kinder aggressiver und es
kommt auch vor, dass sie uns Steine nachwerfen wenn wir nicht auf ihre Bitten
um Geld oder Stylo eingehen. Sie springen uns hinten rauf, ziehen an den
Taschen und klauen Conny’s Schweizerfahne und unsere Wassersäcke! Letzteres
trifft uns sehr! Die niedlichen Kinder – wir mögen sie nicht.
Das Leben hier in den Bergen ist hart und wild. Bauern haben
grüne Felder die von Hand bearbeitet werden, jedoch im Winter nicht
bewirtschaftet werden können. Die durchschnittlich 10 Kinder pro Familie müssen
bei der Arbeit mithelfen, damit es genügend Essen für alle gibt. Viele der
Kinder gehen sobald sie älter sind in die Stadt und versuchen durch allerlei
kleine Arbeiten etwas Geld zu verdienen. Wir campen etwas abseits der Strasse
hinter einem Hügel. Bis Imilchil, dem nächst grösseren Ort sind wir zwei Tage
unterwegs. Es geht hoch auf 2276 MüM und wieder runter auf 1823, da wo Wasser
fliesst ist es super grün, die Birken leuchten in ihrem herbstlichen gelb und
die Erde ist ocker bis rot in schönen Mustern.
Wieder hoch auf 2409 MüM wachsen Büsche mit stachligen
Blättern, im Hintergrund die Schneebedeckten Berge umrahmt von azur blauem
Himmel. Auf all die Passhöhen folgen rasante Abfahrten zurück in die
bewirtschafteten Täler, zurück zu den Lehmhäuser Dörfer die von weitem kaum
auszumachen sind. Unterwegs treffen wir noch auf zwei Spanische Velotouristen,
sie sind für 3 Wochen vorwiegend im Atlas unterwegs.
Imilchil liegt im Herzen des Hohen Atlas zwischen zwei
kleinen Seeen Tislit und Isli, was soviel heisst wie Braut und Bräutigam. Hier
wird im Sommer viel geheiratet. Nach acht Tagen Velofahren machen wir hier
einen Tag Pause. Da ausserhalb der Saison, sind wir die einzigen Gäste im Hotel
von Mohammed und er hat alle Zeit mit Peter über Gott und die Sonne zu reden.
Er hat zwar ein Hotel hier, ist aber hauptsächlich mit Solarenergieprojekten
beschäftigt. Sein Büro ist in Marrakech. Momentan liegt ein Programm bei der
Regierung vor, bei welchem er grosse Hoffnung hat weiter zu kommen. Während dem
Gespräch bietet er Peter selbst einen Job an, darüber wird Peter noch lange
nachdenken. Am Abend essen wir zusammen mit Mohammed seine herrliche Hühner
Tajin und reden noch lange, bis uns fast die Augen zufallen. Tags darauf fährt
Mohammed zu seiner Familie nach Marrakech, er muss seiner Frau ein Schaf
bringen denn die nächsten drei Tage ist Fest in ganz Marokko. Jeder Mann
schenkt seine Frau ein Schaf, am ersten Tag wir es getötet und gefeiert, am
zweiten wird gefeiert und am dritten wird das Schaf gegessen und gefeiert. Diese
Tradition bringt die ganze Familie zusammen, egal wie weit sie von einander weg
sind. Läden und Restaurant schliessen für mehrere Tage, nicht sehr ideal für
uns zwei. Nach diesem Ruhetag nehmen wir den letzten grossen Pass vor der Dadés
Schlucht in angriff. Aber zuerst noch einen gemütlichen Tag nach Agoudal. Am
Mittag kochen wir Spaghetti Al-arabiata, darauf hatten wir schon lange grosse
Lust. Auch in Agoudal quartieren wir uns in eine authentische Herberge ein. Auf
diesen Höhen, 2400 MüM, wird es schon ziemlich Kalt und wir brauchen noch etwas
Ruhe vor dem Sturm.
Wir steigen früh in die Pedalen und verlassen das Dorf am
Tag des Festes richtung Berge. Heutiges Ziel den Pass auf 2917 MüM zu
bezwingen. Das Wetter ist wunderschön, doch der Schein trügt. Ein Wind weht uns
direkt ins Gesicht. Zuerst nehmen wir es gelassen und trampen tapfer auf der
Piste durch die atemberaubende Landschaft. Doch die stetig steigende Strasse
und der stetig stärkere Gegenwind, lässt uns kaum vorankommen. Mit 4 Km/h
kämpfen wir uns vorwärts. Manchmal müssen wir das Velo stossen obwohl die
Strasse nicht zu steil zum fahren wäre. Auch wenn wir stillstehen pustet uns
der Wind fast um. Wir werden auf die Probe gestellt, unsere Kraft und unser
Geist werden aufs härteste getestet. Jeder kämpft im Stillen für und mit sich
alleine. Dann plötzlich sind wir oben und eine Aussicht empfängt uns und lässt
uns zu Boden sinken. Wir sitzen ruhig und geniessen das Panorama, das aufgrund
der Anstrengung noch magischer auf uns wirkt.
Von nun an dürfen wir 15 Km runter fahren. Zuerst langsam
dem Hang entlang, dann im Zick Zack zum Tal hinunter. Unterwegs begegnen wir
einer Gruppe Steinböcken, Peter packt seine Kamera und schleicht sich etwas
näher. Noch immer bläst der starke Wind, und obwohl die Sonne scheint ist es
kalt. Dieser Abenteuerliche Tag wird in die Geschichte eingehen und endet in
der Herberge eines Berber Bergbauern im Dörflein Tilmi.
Nach Tilmi erleben wir die Sedimentablagerungen die diese
Landschaft prägt von unten. Wir folgen dem Fluss Dadés und sehen ihn mal von
ganz nah, dann wieder von etwas höher. Bis wir zur dieser Bekannten Schlucht
des Dadés kommen. Voilà
Ca. 200 m lang ist diese Verengung dann ist der Spuck auch
wieder vorbei. Warum deswegen so ein Hipe darum gemacht wird, können wir nicht
verstehen. Der Weg hierhin war viel spektakulärer. Etwas weiter erblicken wir
die ersten Kasbahs (Herrenhäuser Burgähnlich mit vier Türmen) Und noch etwas
weiter tauchen spektakuläre Felsformationen auf. Völlig Unterschiedlich zum
bekannten Bild ragen runde, Boulder ähnliche Felsen hervor. Ein kurzes
Backflash nach Neuseeland zu den Moeraki Boulders erscheint vor unseren Augen.
Wie in Gottes Namen sind die wohl entstanden??? Wir lieben die Natur!
Es sind nur noch wenige Km bis Boumane du Dadés, die
Provinzhauptstadt. Obwohl schon lange unterwegs, pedalen wir weiter. Bis jetzt
haben wir vom Schaffest nicht viel mitbekommen, nur die schön angezogenen Leute
überall in den Dörfern fielen auf. Doch jetzt wird es prekär, ein einziges
Restaurant hat geöffnet und es ist sogleich auch eines der zwei einzigen Hotels
im Städtchen, also nehmen wir hier ein Zimmer. Das Angebot fürs Nachtessen
beschränkt sich auch auf Omeletten oder Tajin, that’s it. Am morgen ist das
Kaffee noch nicht offen, also gehen wir auf die Dachterrasse und kochen uns den
Kaffee halt selber. Als der Kaffee getrunken ist, bewegt sich unten auch was
und wir können Frühstück essen. Von Boumane nach Ouarzazate ist es plus minus
100 Km auf der Fläche. Den Atlas haben wir nun hinter uns gelassen. Die
Landschaft wird wieder monotoner, leicht hügelig, jedoch nun mit Palmen die uns
andeuten der Wüste näher zu kommen, und der Verkehr hat auch zugenommen. Das
Wetter ist durchzogen. Das zweite und letzte Camp für eine Weile finden wir am
Ufer vom Stausee einige Km vor Ouarzazat.
Als erstes telefonieren wir mit Verena, Sie ist eine
Freundin von der Mutter einer Kollegin von Conny, zu welcher wir Post aus der
Schweiz schicken lassen durften. Drausgekommen? Egal, jedenfalls ist Verena
eine Thunerin und wohnt 16 Km vor Marrakech. Da lassen wir uns am nächsten Tag
mit dem Bus hinfahren. Wir kaufen die Busstickets, nehmen ein Hotelzimmer und
füllen unsere hungrigen Bäuche mit Marokkanischer Pizza. Mal was anderes. Dann
besichtigen wir die Stadt ein wenig bis es dunkel wird.
Der Bus fährt um 9h und wir werden um 8.30h für
Gepäckannahme erwartet. Eigentlich wollten wir um 7h aufstehen, aber weil Conny
nicht an die Schweizer Zeit (bei Sommerzeit +2h zur Marokkanischer Zeit) auf
ihrem Händy - unserem Wecker gedacht hat, stehen wir um 5.20h ausserhalb vom
Hotel und fragen uns erstaunt warum es noch dunkel ist!!!! Wir beschliessen
einen Kaffe auf dem leeren Marktplatz zu kochen und warten bis die Sonne
aufgeht. Unter Aufsicht von Peter’s kontrollierenden Augen werden die Räder im
Bus verstaut. Mit 30 min Verspätung fahren wir los. Die Strecke führt noch
einmal über den Hohen Atlas, nicht mehr ganz so hoch wie auch schon, aber wir
sind froh werden wir dieses Mal gefahren. Das Wetter ist nicht sehr gut, es ist
nass und immer wieder regnet es. Für was der Bus in 4h macht, bräuchten wir
sicherlich 5-7 Tage. In Chouiter lässt uns der Chauffeur aussteigen und wir
melden Verena, dass wir angekommen sind.
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